Nachdem Gerichte in unverantwortlicher Weise die Störerhaftung bezüglich Urheberrechtsverletzungen, welche von heimischen Internetanschlüssen aus begangen wurden, beinahe unerträglich ausgedehnt haben, hat das OLG Frankfurt, wie auch zuvor bereits das LG Mannheim (Az.: 7 O 65/06), eine wegweisende und richtige Entscheidung getroffen.
Im konkreten Fall hatte der Anschlussinhaber behauptet, während der Urheberrechtsverletzung sei er seiner beruflichen Tätigkeit nachgegangen nicht anwesend gewesen. In Betracht kamen neben dem Familienvater noch dessen Ehefrau und die erwachsenen Kinder.
Lässt sich aber der tatsächliche Täter nicht ermitteln und kommt niemand als Störer in Betracht, gehen der Abmahner und dessen Rechtsanwälte leer aus.
Insbesondere Familien mit erwachsenen Kindern können daher aufatmen und sollten im Falle einer Abmahnung unbedingt anwaltliche Beratung in Anspruch nehmen.
Wichtige Zitate aus der Entscheidung:
Sachverhalt:
"Der Beklagte hat u. a. behauptet, weder er noch seine im Haushalt lebenden Familienangehörigen hätten am 18.9.2006 einen der drei Songs der Gruppe A heruntergeladen oder anderen Benutzern zugänglich gemacht. Er selbst sei bei der Feuerwehr in O1 beschäftigt und habe zu der fraglichen Zeit seinen Dienst verrichtet. Auch seine Ehefrau sei berufstätig und am 18.09.2006 im Dienst gewesen. Seine volljährige Tochter sei gleichfalls berufstätig und habe an diesem Tag gearbeitet. Die minderjährige Tochter sei noch schulpflichtig und zu dieser Zeit in der Schule
gewesen."
Rechtslage:
Keine Haftung als Täter
"Dass der Beklagte das in Rede stehende Filesharing am 18.09.2006 eigenhändig begangen habe, lässt sich nicht mit genügender Sicherheit feststellen. Der Beklagte behauptet, zur Tatzeit seinen Dienst als Feuerwehrmann ausgeübt zu haben. Diese Einlassung ist nicht nur naheliegend, sondern von der Klägerin auch in keiner Weise widerlegt. Dem Verletzten obliegt jedoch die Glaubhaftmachung dafür, dass der in Anspruch Genommene die Tat auch begangen hat."
Keine Haftung als Störer ...
"Die Klägerin hat aber auch nicht glaubhaft gemacht, dass der Beklagte in sonstiger Weise als Störer für die Urheberrechtsverletzung haftet. Zwar kann als Störer für eine Urheberrechtsverletzung auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer – ohne Täter oder Teilnehmer zu sein – in irgendeiner Weise willentlich und adäquat-kausal zur Verletzung des geschützten Rechts beiträgt. Ein solcher Beitrag kann vom Beklagten dadurch geleistet worden sein, dass er dem Täter seinen Computer und damit den Zugang zum Internet zur Verfügung gestellt hat. Allerdings setzt die Haftung desjenigen, der selbst weder Täter noch Teilnehmer der Verletzung ist, voraus, dass er Prüfungspflichten verletzt hat. Andernfalls würde die Störerhaftung in nicht hinnehmbarer Weise auf Dritte erstreckt, die die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht selbst vorgenommen haben. (BGHZ 158, 236, 251 – Internet-Versteigerung I; WRP 2007, 964, 968 – Internet-Versteigerung II)."
... weil keine Prüfungspflicht ...
"Der Umfang der Prüfungspflicht richtet sich danach, inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist. Überlässt der Inhaber eines Internetanschlusses diesen dritten Personen, kann ihn die Pflicht treffen, diese Nutzer zu instruieren und zu überwachen, sofern damit zu rechnen ist, dass der Nutzer eine Urheberrechtsverletzung begehen könnte. Eine Pflicht, die Benutzung seines Internetanschlusses zu überwachen oder gegebenenfalls zu verhindern, besteht jedoch nur, wenn der Anschlussinhaber konkrete Anhaltspunkte dafür hat, dass der Nutzer den Anschluss zu Rechtsverletzungen missbrauchen wird.
Solche Anhaltspunkte bestehen deshalb grundsätzlich nicht, solange dem Anschlussinhaber keine früheren Verletzungen dieser Art durch den Nutzer oder andere Hinweise auf eine Verletzungsabsicht bekannt sind oder hätten bekannt sein können."
... da keine konkreten Anhaltspunkte ...
"Auch wenn Urheberrechtsverletzungen im Internet häufig vorkommen und darüber in den Medien umfangreich berichtet wird, hat ein Anschlussinhaber nicht bereits deshalb einen Anlass, ihm nahestehende Personen wie enge Familienangehörige bei der Benutzung seines Anschlusses zu überwachen (LG Mannheim, MMR 2007, 267, 268 mit zustimmender Anmerkung von Solmecke; 459, 460; anderer Ansicht LG Hamburg, CR 2006, 780, 781 und MMR 2007, 131, 132)."
"Nach dem oben Ausgeführten kann zwar nicht ausgeschlossen werden, sondern liegt es vielmehr nahe, dass sich eines der Familienmitglieder des Beklagten an dem streitgegenständlichen urheberrechtswidrigen Filesharing beteiligt hat. Da die Klägerin jedoch keine derartigen oder ähnlichen Rechtsverstöße vortragen kann, die vor dem 18.09.2006 mit Hilfe des Computers des Beklagten begangen wurden, traf den Beklagten bezüglich keines seiner Familienmitglieder eine Überwachungspflicht. Es gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, dass eine außerhalb der Familie stehende Person den Internetzugang des Beklagten zu der Rechtsverletzung benutzt hat, denen gegenüber der Beklagte von vornherein misstrauisch hätte sein müssen (siehe dazu LG Mannheim, MMR 2007, 537)."